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Was macht Kreatin mit dem Körper? Wirkung, Nutzen & Risiken
Ein faktenbasierter, unabhängiger Blick darauf, wie Kreatin im Körper wirkt – körperlich, mental und langfristig.
Was macht Kreatin mit dem Körper? – Ein kritischer Blick jenseits des Hypes
Kreatin, ein Pulver, das in vielen Fitness-Shaker‐Behältern landet, wird von Influencern als Wundermittel für Muskeln, Leistung und sogar das Gehirn verkauft. Doch was steckt wirklich hinter der Substanz? In diesem Beitrag gehen wir der Frage „Was macht Kreatin mit dem Körper?“ kritisch nach, klären Fakten und Mythen und zeigen, für wen eine Supplementierung sinnvoll sein kann. Im Geist der „Botanikpoeten“ betrachten wir das Thema ganzheitlich, hinterfragen Industrielobbyismus und stützen uns ausschließlich auf geprüfte Quellen – ohne dem Marketing der Supplement‑Industrie blind zu vertrauen.
Kreatin – eine körpereigene Substanz
Kreatin (korrekt: β‑Methylguanidinoessigsäure) ist kein künstliches Wundermittel, sondern eine körpereigene Verbindung. Sie wird hauptsächlich in Leber und Nieren aus den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin gebildet. Täglich synthetisiert der Körper etwa ein bis zwei Gramm Kreatin, der Gesamtbestand eines Erwachsenen liegt bei etwa 120–150 g. Etwa 95 Prozent des Kreatins befinden sich in der Skelettmuskulatur; geringe Mengen sind auch im Herzen, in den Nieren und im Gehirn.
Natürliche Quellen
Fleisch und Fisch liefern zusätzliches Kreatin; 200 g enthalten ungefähr 1 g. Vegetarier müssen dennoch keinen Mangel befürchten, denn der Körper kann seinen Bedarf selbst decken. Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten zwar nur Spuren, aber die endogene Synthese reicht aus, um einen normalen Kreatinspiegel aufrechtzuerhalten.

Biochemie: Wie wirkt Kreatin?
Kreatin wird im Muskel zu Phosphokreatin umgewandelt. Diese Form dient als schnell verfügbarer Energielieferant für Adenosintriphosphat (ATP), den unmittelbaren „Treibstoff“ unserer Zellen. Bei intensiver Muskelarbeit unter 30 Sekunden – etwa Sprints oder Gewichtheben – können die Phosphokreatin‑Speicher helfen, die Ermüdung hinauszuzögern. Sind sie erschöpft, wechselt der Körper zu langsameren Energiequellen wie Kohlenhydraten oder Fetten.
Dieser Mechanismus erklärt, warum eine Kreatinsupplementierung vor allem bei kurzen, hochintensiven Belastungen einen Leistungsvorteil bringen kann. Gleichzeitig verdeutlicht er die Grenzen: Für Ausdauerbelastungen oder den Freizeitsport ohne Maximalkraft‑Anspruch ist der Nutzen gering.
Wer profitiert von einer Kreatinsupplementierung?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und die Verbraucherzentralen betonen, dass bei einer ausgewogenen Ernährung keine Notwendigkeit besteht, Kreatin zu supplementieren. Interessant wird es vor allem für:
Leistungssportler in Schnellkraft‑Disziplinen: Kraftsportler, Gewichtheber und Sprinter können durch volle Kreatin‑Speicher intensivere Trainingsreize setzen. Meta‑Analysen zeigen eine durchschnittliche Steigerung der Maximalkraft um rund 8 Prozent – allerdings nur in Kombination mit regelmäßigem Krafttraining.
Vegetarier und Veganer: Da Fleisch die wichtigste externe Quelle ist, profitieren Menschen mit rein pflanzlicher Ernährung tendenziell stärker. Dennoch entsteht kein klinischer Mangel, weil die körpereigene Produktion kompensiert.
Ältere Personen: Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kreatin in Kombination mit Krafttraining helfen kann, altersbedingtem Muskelabbau entgegenzuwirken. Allerdings ist die Datenlage heterogen, und der positive Effekt wird vor allem bei älteren Männern beobachtet.
Frauen und Hobby‑Sportler: Bisher liefern Studien widersprüchliche Ergebnisse. In einigen Arbeiten wurden Frauen nur unzureichend untersucht. Daher sind generalisierte Aussagen schwierig – eine Supplementierung sollte nicht als Wundermittel betrachtet werden.
Muskelaufbau und Leistung: Was sagt die Forschung?
Kurzfristige Leistungssteigerung

Zahlreiche Studien belegen, dass Kreatin maximale Schnellkraft und Sprintleistung verbessern kann. Die International Society of Sports Nutrition (ISSN) bezeichnet Kreatinmonohydrat als eines der effektivsten ergogenen Nahrungsergänzungsmittel. Eine Supplementierung erhöht die Phosphokreatin‑Speicher, wodurch Sportler bei kurzen intensiven Belastungen länger mit hoher Intensität trainieren können. Dies fördert wiederum den Muskelaufbau.
Muskelmasse und Wasserhaushalt
Die Zunahme von Muskelmasse bei Kreatinsupplementierung resultiert teilweise aus echter Hypertrophie, teilweise aber aus Wassereinlagerungen in den Muskelzellen. Die Gewichtsveränderung kann je nach genetischer Veranlagung und Trainingsstatus stark variieren. Besonders Trainierende mit niedrigerem Ausgangsniveau profitieren mehr als sehr gut trainierte Athleten. Gleichzeitig erhöht die zusätzliche Flüssigkeit im Muskel den Zellinnendruck, was das Verletzungsrisiko und die Neigung zu Krämpfen steigern kann.
Regeneration
Einige Studien weisen darauf hin, dass Kreatin durch Verbesserung der Zellhydratation Muskelschäden nach intensiver Belastung verringert und die Regeneration unterstützt. Die Ergebnisse sind jedoch inkonsistent und hängen stark von Dosis, Trainingsform und individuellen Voraussetzungen ab. Eine pauschale Empfehlung lässt sich daraus nicht ableiten.
Anfänger und Hobby‑Sportler
Sollten Anfänger Kreatin nehmen? Fachgesellschaften raten Einsteigern zunächst zu einer guten Trainingsroutine und ausgewogener Ernährung. Kreatin kann zwar die Kraftentwicklung beschleunigen, doch die Grundlagen wie Technik, Regeneration und Nährstoffversorgung haben Vorrang. Für Anfänger ohne intensives Krafttraining bietet eine Supplementierung keinen nachhaltigen Vorteil.
Kreatin und das Gehirn
Kreatin wird als Booster für die geistige Leistungsfähigkeit beworben. Tatsächlich verwenden Neuronen Kreatinphosphat ebenfalls, um ATP schnell zu regenerieren. Unter Stressbedingungen wie Schlafmangel können die Kreatinreserven im Gehirn sinken, was die Idee des „Neuroenhancements“ entstehen lässt.
Forschungsstand

Eine Studie des Forschungszentrums Jülich verabreichte 15 Probanden eine hohe Einzeldosis von 0,35 g pro Kilogramm Körpergewicht und setzte sie anschließend einer Nacht ohne Schlaf aus. Bereits nach drei Stunden zeigten die Teilnehmenden verbesserte Verarbeitungsgeschwindigkeit und ein gesteigertes Kurzzeitgedächtnis. Dieser Effekt hielt bis zu neun Stunden an – allerdings handelte es sich um eine sehr hohe Dosis, die langfristig die Nieren belasten könnte.
Generell gilt: Unter normalen Bedingungen ist die Aufnahme von Kreatin ins Gehirn limitiert. Die meisten Untersuchungen sehen keinen klaren Zusammenhang zwischen Kreatinsupplementierung und gesteigerter kognitiver Leistungsfähigkeit. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA stufte 2024 Werbeaussagen zu einer Verbesserung von Gedächtnis oder Aufmerksamkeit als wissenschaftlich nicht belegt ein.
Zielgruppen mit möglichem Nutzen
Menschen mit geringerem Kreatinstatus – Vegetarier, Veganer oder ältere Erwachsene – könnten bei kognitiven Tests tendenziell besser abschneiden, wenn sie ihre Kreatinspeicher auffüllen. Ob der Effekt groß genug ist, um im Alltag spürbar zu sein, bleibt offen. Als Alternative zum Kaffee bei nächtlicher Arbeit taugt Kreatin jedoch noch nicht – ausreichend Schlaf ist nach wie vor die sicherere Methode, um die Denkleistung zu erhalten.
Sicherheit und Nebenwirkungen
Dosierung
Viele Studien zeigen, dass eine tägliche Zufuhr von bis zu 3 g Kreatin für gesunde Erwachsene unbedenklich ist. Leistungssportler können bis zu 4,4 g pro Tag vertragen. Kurzfristig wurden in Studien sogar Dosierungen von 20–25 g pro Tag verwendet, etwa in der sogenannten Ladephase, doch die langfristigen Auswirkungen hoher Dosen sind kaum untersucht. Die ISSN weist darauf hin, dass der Körper pro Tag 2–4 g Kreatin umsetzt, wovon etwa die Hälfte selbst synthetisiert wird.
Mögliche Nebenwirkungen
Verdauungsbeschwerden: Bei hohen Dosierungen oder schlechtem Auflösen können Durchfall und Erbrechen auftreten.
Wassereinlagerungen und Gewichtszunahme: Kreatin zieht Wasser in die Muskeln, was zu schneller Gewichtszunahme führen kann. Für Sportarten, bei denen jedes Kilogramm zählt, kann dies nachteilig sein.
Muskelkrämpfe und Verletzungsrisiko: Durch erhöhte Wasserspeicherung steigt der intramuskuläre Druck. Krämpfe und ein gesteigertes Verletzungsrisiko sind möglich.
Nierenbelastung bei Vorerkrankungen: Gesunde Menschen mussten bisher keine Schädigung der Nieren befürchten Personen mit Nieren‑ oder Lebererkrankung sowie Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck sollten Kreatin jedoch meiden oder nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen.
Kinder, Jugendliche, Schwangere: Für diese Gruppen gibt es kaum Daten; daher raten Verbraucherzentralen und Gesundheitsbehörden von einer Einnahme ab.
Langzeitwirkungen
Ob eine dauerhafte Supplementierung die körpereigene Kreatinproduktion beeinflusst, ist unklar. Expertinnen wie Anja Carlsohn von der Arbeitsgruppe Sporternährung der DGE empfehlen daher Einnahmepausen und keine permanente Supplementierung.
Produktqualität und Industrie
Viele Kreatinprodukte stammen aus asiatischer Produktion; manche Präparate enthalten weniger Wirkstoff als angegeben oder sind mit Schwermetallen belastet. In Europa gibt es nur wenige Hersteller wie das deutsche „Creapure®“, die strenge Qualitätsstandards einhalten. Käufer sollten auf Prüfsiegel achten und dubiose Internetangebote meiden.
Im Sinne eines kritischen „Botanikpoeten“ ist es wichtig zu erkennen, dass die Supplement‑Industrie mit überzogenen Versprechen Umsatz macht. Kreatin ist kein Medikament, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, dessen Nutzen sich auf klar definierte Situationen beschränkt. Transparenz über Herkunft und Reinheit ist ein zentrales Kriterium – und die beste Leistungssteigerung bleibt intensives Training, ausreichend Schlaf und eine nährstoffreiche Ernährung.
Dosierung und Anwendung in der Praxis
Lade‑ vs. Erhaltungsphase
Ein gängiges Protokoll sieht eine Ladephase von 5–7 Tagen vor, in der täglich 20–25 g Kreatin (aufgeteilt in mehrere Portionen) eingenommen werden. Danach folgt eine Erhaltungsphase mit 3–5 g pro Tag. Wer keine Ladephase durchführen möchte, kann von Beginn an 3–5 g täglich einnehmen – der Sättigungsgrad der Muskeln wird dann nach etwa vier Wochen erreicht.
Zeitpunkt der Einnahme

Die Frage „Wann sollte ich Kreatin einnehmen?“ wird häufig gestellt. Wichtiger als der genaue Zeitpunkt ist die regelmäßige Zufuhr, um die Speicher dauerhaft gefüllt zu halten. Die Forschung liefert widersprüchliche Ergebnisse: Einige Studien zeigen leichte Vorteile, wenn Kreatin direkt nach dem Training eingenommen wird. Andere finden keinen Unterschied zwischen einer Einnahme vor oder nach dem Training. Entscheidend ist, dass die Dosis vollständig absorbiert wird – dies dauert bei 5 g etwa ein bis zwei Stunden. Um die Aufnahme zu verbessern, empfiehlt die Australian Institute of Sport (AIS), Kreatin zusammen mit Kohlenhydraten und Proteinen zu konsumieren.
Auf trainingsfreien Tagen spielt der Zeitpunkt keine große Rolle – hier geht es vor allem darum, die Speicher nicht wieder zu entleeren. Der ideale Rhythmus ist daher: tägliche Einnahme von 3–5 g, gern zu einer Mahlzeit und mit ausreichend Wasser (pro Gramm Kreatin etwa 100–150 ml Flüssigkeit). Eine Kombination mit einem Eiweißshake oder einer kohlenhydratreichen Mahlzeit kann die Insulinantwort nutzen, um die Aufnahme zu verbessern.
Welche Form von Kreatin ist die beste?
Unzählige Varianten – Kreatinmalat, Kreatin‑Citrat, Kreatin‑Pyruvat, Kre‑Alkalyn oder Kreatin‑Hydrochlorid – tummeln sich auf dem Markt. In der Werbung werden sie als „moderner“, „magenschonend“ oder „besser löslich“ angepriesen. Doch die wissenschaftliche Datenlage liefert wenig Anhaltspunkte für einen Vorteil gegenüber Kreatinmonohydrat.
Die Verbraucherzentralen weisen darauf hin, dass nur Kreatinmonohydrat ausreichend untersucht ist und die beiden zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben der EU sich ausschließlich auf 3 g Kreatin pro Tag in dieser Form beziehen. Kreatinmalat und andere Verbindungen sind in der EU teilweise als „neuartige Lebensmittel“ einstufungspflichtig und nicht zugelassen. Laut Experten gilt: Wer sich für ein Nahrungsergänzungsmittel entscheidet, sollte auf reines Kreatinmonohydrat mit hoher Reinheit setzen – etwa „Creapure“ – und sich nicht von Marketingversprechen irreleiten lassen.
Kurzer Überblick über gängige Formen
Kreatinform | Charakteristik | Beleglage |
|---|---|---|
Kreatinmonohydrat | Bestens erforscht, enthält ~90 % Kreatin; hohe Bioverfügbarkeit. | Positive Effekte auf Kraft und Leistung; zugelassene Health‑Claims. |
Kreatinmalat | Besser löslich, weniger Wassereinlagerung. | Kaum Studien; keine zugelassenen Health‑Claims. |
Kreatin‑Hydrochlorid (HCL) | Sehr konzentriert, gut absorbierbar. | Unzureichend untersucht; kein Nachweis für bessere Wirkung. |
Kre‑Alkalyn & andere gepufferte Formen | Sollen magenschonender sein und weniger Wasser binden. | Werbeaussagen; keine Überlegenheit gegenüber Monohydrat bestätigt. |
Die beste Wahl bleibt also das klassische Kreatinmonohydrat.
Fazit
Kreatin ist ein faszinendes Molekül, das im menschlichen Energiestoffwechsel eine zentrale Rolle spielt. Als Nahrungsergänzungsmittel kann es bei kurzen, hochintensiven Belastungen die Leistung steigern und den Muskelaufbau unterstützen. Die meisten Benefits werden jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen erzielt – vor allem bei durchdachtem Krafttraining. Für den Alltags‑Sportler oder als „Gehirndoping“ gibt es keine überzeugenden Gründe für eine Einnahme.
Das kritisch‑alternative Denken der „Botanikpoeten“ erinnert uns daran, Werbung und Lobbyismus zu hinterfragen. Statt blindlings zu supplementieren, sollten wir zuerst auf die natürlichen Grundlagen unserer Gesundheit achten: eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und innere Ausgeglichenheit. Wenn danach noch Bedarf besteht, kann Kreatinmonohydrat in moderater Dosierung unter Beachtung der Sicherheitsempfehlungen eine sinnvolle Ergänzung sein.
FAQs
Die häufig gestellten Fragen rund um das Thema:
Was macht Kreatin mit dem Körper? Wirkung, Nutzen & Risiken
Quellenangabe
Böhle M. „Kreatin als Brennstoff für die Muskeln“ – ZDFheute. 1. Mai 2024; aktualisiert 13. Oktober 2025 zdfheute.de.
Verbraucherzentrale. „Kreatin: Nur in seltenen Fällen hilfreich“. 25. November 2024 verbraucherzentrale.de.
Medizin Transparent. „Kreatin fürs Gehirn: Wirksamkeit fraglich“. 9. Dezember 2024 medizin-transparent.at
AOK Gesundheitsmagazin. „Kreatin zur Leistungssteigerung: Das ist dran am Hype“. 2. Dezember 2024 aok.de.
Witte S. „Denkleistung: Kann Kreatin unser Gehirn dopen?“ – GEO. 25. September 2025 geo.de.
Healthline. „When Is the Best Time to Take Creatine?“ Aktualisiert 3. Juni 2025 healthline.com.
Foodcom S.A. „Kreatin in der Praxis – Arten, Anwendung und Dosierung“. 13. Juni 2025 foodcom.pl.
International Society of Sports Nutrition. „Creatine supplementation is safe, beneficial throughout the lifespan, and should not be restricted“. Pressemitteilung vom 12. Februar 2025 sportsnutritionsociety.org.




